Eine gute medizinische und pflegerische Versorgung gehört für uns zu den Kernaufgaben der staatlichen Daseinsvorsorge. Auch wenn das Gesundheitswesen in Baden-Württemberg im nationalen und im internationalen Vergleich gut aufgestellt ist, muss es sich insbesondere den Herausforderungen des demografischen Wandels und der Digitalisierung stellen und sich stetig weiterentwickeln. Daraus resultieren nach Jahren der Konsolidierung und der weitgehenden finanziellen Stabilität wieder zunehmende finanzielle Herausforderungen.
Unser Anspruch ist es, ein Gesundheitswesen zu gestalten, das sich an Qualitätskriterien orientiert und damit das Wohl der Patienten in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen, dass jeder im Land genau die medizinische und pflegerische Unterstützung erhält, die er in seiner konkreten Situation benötigt. Das gilt insbesondere auch im ländlichen Raum, wo schon jetzt Hausärzte fehlen, während einzelne Städte nach wie vor überversorgt sind. Hier ist die Politik in der Pflicht, zukunftsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen.
Das setzt zwingend eine umfassende und sektorenübergreifende Betrachtung unserer Versorgungsstrukturen voraus – beginnend bei Gesundheitsförderung und -prävention über die Gesundheitsdienstleister vor Ort, die Krankenhäuser und Rehaeinrichtungen sowie die Pflegeanbieter bis hin zur Palliativversorgung und Hospizarbeit. Dabei sind wir in weiten Teilen auch von der einschlägigen Bundesgesetzgebung abhängig. Umso mehr gilt es, regionale Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, um das hohe Versorgungsniveau im Land zu halten und möglichst noch auszubauen.
Gleichermaßen hat nicht erst die Corona-Pandemie deutlich gemacht, dass in allen Bereichen, die über die individuelle Diagnostik und Therapie hinausgehen, ein leistungsfähiger Öffentlicher Gesundheitsdienst von zentraler Bedeutung ist. Er ist nicht nur der Schlüssel für einen leistungsfähigen Seuchen- und Infektionsschutz, sondern auch für eine Stärkung der gesamtgesellschaftlichen Prävention, eine bedarfsgerechte lokale Versorgungsplanung sowie die Koordination regionaler Gesundheitsnetzwerke. Dafür muss er über ausreichendes Fachpersonal und eine zeitgemäße technische Infrastruktur verfügen.
In einigen Feldern der Versorgung haben in der Vergangenheit übergewichtete ökonomische Steuerungsanreize zu unerwünschten Ergebnissen geführt. Während Vorhaltekosten, regionale Lohn- und Gehaltsstrukturen sowie spezifische Versorgungsbedarfe in der Finanzsystematik nicht ausreichend abgebildet sind, herrscht in anderen Bereichen eine ökonomisch getriebene Überversorgung. So ist unbestritten, dass dem Fallpauschalensystem in den Krankenhäusern ein Anreiz zur Fallzahlsteigerung immanent ist. Dieser Anreiz wird durch die Kostenstruktur der Krankenhäuser, die sich in der Regel durch einen hohen Fixkostenanteil auszeichnet, noch weiter verstärkt. Deshalb ist es aus unserer Sicht dringend geboten, bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens auch zu hinterfragen, in welchen Bereichen es angezeigt erscheint, den Aspekt der Daseinsvorsorge gegenüber Fragen der Wirtschaftlichkeit und der Effizienzsteigerung wieder stärker in den Fokus zu rücken.